Unstrut-Talbrücke ist rohbaufertig

Mit Böller und Musik von Händel feierte die Deutsche Bahn AG als Bauherr einen bedeutsamen Lückenschluss. Die Unstrut-Talbrücke überspannt nunmehr rohbaufertig das tief eingeschnittene Tal des Saale-Nebenflusses und die Aue bei Karsdorf. Über das Bauwerk, mit 2.668 Meter Länge zweitlängste Brücke Deutschlands, sollen bereits ab 2015 ICE mit 300 km/h rollen. Dann verkürzt das 2,7 Milliarden Euro teure Teilstück der Neubaustrecke die Fahrzeit zwischen Halle oder Leipzig und Erfurt auf rund 30 bzw. 40 Minuten. Zwei Jahre später, wenn auch der Abschnitt durch den Thüringer Wald fertig ist, werden Bahnreisende zwischen Berlin und München nur noch gut vier Stunden unterwegs sein, und auch der Güterverkehr kann deutlich beschleunigt rollen.

Die schnelle Bahnverbindung in Richtung Frankfurt (Main) und München wird besonders von der Wirtschaft des Ballungsraumes Halle/Leipzig schon seit Jahren dringend erwartet, schließlich hatte DHL bereits beim Aufbau des Express-Drehkreuzes angekündigt, zwischen den beiden größten Frachtflughäfen nächtliche Express-Güterzüge fahren lassen zu wollen. Toralf Weiße vom Netzwerk Logistik Leipzig/Halle nennt einige der wichtigsten Vorteile: „Dass 2015 das Teilstück bis Erfurt fertig sein wird und zwei Jahre später auch die Strecke nach München, vernetzt die Ballungsgebiete besser. Mehr Schnelligkeit auf der Bahn bringt Standortvorteile für die hier ansässigen Unternehmen, sogar das Personal-Recruiting wird damit erleichtert“, sagt er.

Als Mitte der 90er Jahre die Planungen für die Hochgeschwindigkeitstrasse erfolgten, galten neben dem inzwischen weitgehend untertunnelten Thüringer Wald besonders die Flussgebiete von Unstrut und Saale/Elster als große Herausforderung. Um die erforderlichen Parameter für die superschnellen Züge an der Trasse bei Kurvenradien und Steigungen einhalten zu können, waren insbesondere am Unstruttal – das zudem zum Naturpark Saale-Trias gehört – aufwändige Bauten notwendig. So schließen sich an das 50 Meter hohe Bauwerk drei Tunnel von 15,4 Kilometer Länge an, die nur noch durch die Saubachtalbrücke unterbrochen werden. Noch spektakulärer aber wird wohl die ebenfalls fast fertige Brücke über die Saale-Elster-Aue, die künftig mit 6.465 Metern alle Rekorde schlagen wird und sogar noch eine Gabelung in Richtung Halle und nach Leipzig einschließt.

Das besondere an der Unstrut-Talbrücke ist nicht nur die enorme Länge. „Wir haben in der Phase, als der Bau wegen fehlender Mittel für einige Jahre ruhte, das Bauwerk noch einmal gründlich überarbeitet und dabei eine für Deutschland und vielleicht sogar für Europa einzigartige Konstruktion wählen können“, freut sich Thomas Webel, Minister für Landesentwicklung und Verkehr in Sachsen-Anhalt. So sei es gelungen, die Pfeiler wesentlich schmaler als ursprünglich geplant zu bauen, so dass die Brücke sich filigran in das Landschaftsbild einpasse.

Möglich wurde das durch eine weitgehend monolithische Bauweise, bei der die Fahrbahn auf hintereinander liegenden fugen- und lagerlosen Betonkörpern verläuft. „Wir haben die Statik mit Hochleistungsrechnern so optimiert, dass wir die Pfeilerdurchmesser von ursprünglich geplanten vier Meter Durchmesser auf bis zu 1,60 Meter reduzieren konnten“, erklärt der Projektleiter des Streckenabschnittes Halle/Leipzig-Erfurt, Dr. Marcus Schenkel. Die Pfeiler sind so ausgelegt, dass sie die Längenausdehnungen des Bauwerkes aufnehmen können. Besonders aufwändig war auch die Gründung der Tragwerke, die fast genau so weit in die Tiefe des weichen Auenbodens reicht, wie das Bauwerk hoch ist – rund 40 Meter.

Es wird an allen Abschnitten mit Hochdruck gebaut, die Tunnel sind durchschlagen, die Brücken stehen nahezu komplett. Ab dem nächstem Jahr kann überall der Bau des Fahrweges und die Verlegung der „festen Fahrbahn“, die auf lärmmindernden Dämmmatten erfolgt, abgeschlossen werden, versichert Marcus Schenkel, Projektleiter des Bauabschnittes Leipzig/Halle-Erfurt. 2014 folgt dann der Aufbau der Stromleitungen und  Sicherungstechnik. „Wir sind jetzt gut im Zeitplan“, sagt Schenkel. Das dürfte sich nun auch kaum noch ändern, da nahezu sämtliche Aufträge für die restlichen Arbeiten vergeben sind.

vorheriger Beitrag nächster Beitrag