Deutschland braucht eine zuverlässige Wasserstraße Elbe

Einstimmiger Tenor: „Der Wirtschaftsstandort Deutschland braucht eine zuverlässige Elbe als Wasserstraße für wachsende Mengen im Gütertransport“.

Die Elbe besitzt großes Potenzial als Wasserstraße und entlastet Straßen, Schienen und Umwelt. Um die Bedeutung des ökologischsten und effizientesten Verkehrsträgers, dem Binnenschiff, in der Transportkette zu stärken und bei Verladern und Speditionen stärker zu etablieren, bedarf es jedoch noch vieler Verbesserungen der Rahmenbedingungen. Die anwesenden Wirtschaftsvertreter der Veranstaltung forderten unter anderem stabile Fahrwasserverhältnisse der Elbe mit einer Fahrrinnentiefe von 1,60 Meter an mindestens 345 Tagen im Jahr, die Optimierung der Terminalabläufe und Gleichbehandlung des Binnenschiffs mit anderen Verkehrsträgern in den Seehäfen, ausreichend Liege- und Warteplätze für Binnenschiffe, die Modernisierung von Software und IT-Anbindung an die Seehäfen und die Instandsetzung und Verlängerung von Buhnen.

Der Hamburger Hafen ist der drittgrößte Binnenhafen Deutschlands. 10.000 Binnenschiffe machten 2011 an den rund 100 für sie vorgesehenen Liegeplätzen fest und transportierten rund 10 Millionen Tonnen Ladung über Hamburg, davon 110.000 Standardcontainer (TEU). Rund 10 Prozent der Gesamtladung aus dem oder für das Hinterland des Hamburger Hafens werden mit dem Binnenschiff transportiert. Im Containerverkehr kommt das Binnenschiff allerdings gerade mal auf einen Anteil von zwei Prozent. Ein Ziel der Hafenentwicklungsplanung ist eine Steigerung auf fünf Prozent bis 2015, um dadurch neben der Umwelt auch die Straßen- und Schieneninfrastruktur zu entlasten.

„Das Binnenschiff hat eine große Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens zum Abtransport der Ladungsmengen im Hinterlandverkehr“, betonte Bernhard Proksch, Amtsleiter Innovations- und Strukturpolitik, Mittelstand, Hafen der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation der Freien und Hansestadt Hamburg, in seinem Grußwort.

Wolfgang Hurtienne, Geschäftsführer der Hamburg Port Authority (HPA), präsentierte die Einbindung der Binnenschifffahrt in die Hafenabläufe in Hamburg. Die HPA hatte kürzlich in neue Warteplätze für Binnenschiffe im Petroleumhafen und mittleren Freihafen investiert und hat laut Hurtienne „weitere Pläne in der Schublade“. So wird zum Beispiel auch der Bau einer für Binnenschiffe geeigneten Kaimauer in die Planung des Central Terminal Steinwerder (CTS) mit einbezogen. Um die Binnenschifffahrt weiter zu stärken, müssen die Abläufe auf den Terminals für Binnenschiffe optimiert werden. Darüber hinaus bedarf es einer Optimierung der IT-Anbindung der Binnenschiffsverkehre in die Hafenabläufe. Ein Lösungsansatz könnte die Einbindung in die von den großen Hamburger Terminals betriebene Feeder Logistik Zentrale (FLZ) sein, die in Hamburg seit 2009 als Bindeglied zwischen Terminal und Reeder die Abfertigungsprozesse von Feederverkehren koordiniert und optimiert. Damit senkt sie die Kosten und erleichtert deutlich das Schiffsmanagement für die Reeder. Ähnliches könnten sich die Hamburger Terminalbetreiber auch für ein effektives Verkehrsmanagement von Binnenschiffen in Hamburg vorstellen. Um mehr Akzeptanz bei Spediteuren und der verladenden Wirtschaft für Binnenschiffsverkehre zu erreichen, engagiert sich die HPA unter anderem im „Gesamtkonzept Elbe“, sowie in den Erörterungen zum Ausbau und der Kapazitätserweiterung des Schiffshebewerks Scharnebeck und zu Stromregulierungsmaßnahmen an der Mittelelbe.

Die Fahrrinne der Elbe muss nach Angaben des Vereins zur Förderung des Elbstromgebietes für einen zuverlässigen Binnenschiffsverkehr eine Breite von 50 Meter, eine Brückenhöhe von 7 Meter für dreilagige Binnenschiffe sowie eine Tiefe von 1,60 Meter an mindestens 345 Tagen im Jahr aufweisen. Der Verein setzt sich für die nachhaltige Verbesserung der Binnenschifffahrtsinfrastruktur im Elbstromgebiet ein. Der Vorsitzende, Peter Plewa, betonte, dass die Straßenkapazitäten zur Bewältigung der Verkehrsmengen nicht ausreichen. Besonders problematisch seien die Transporte auf der Reststrecke bei Dömitz und Coswig. „Die Elbe ist zwischen der tschechischen Grenze und Geesthacht als nicht staugeregelter Fluss mit besonderer ökologischer, wasserwirtschaftlicher und verkehrlicher Bedeutung zu erhalten. Dafür ist auch die Instandsetzung und Verlängerung von Buhnen unverzichtbar ", so Plewa.

Auch die Belastungsgrenze der Verkehrsinfrastruktur im Elbtal ist laut Jiří Aster, Präsident der Kammerunion Elbe/Oder, fast erreicht. „Die Verkehrsbelastung durch Lkw und Bahn ist ein Hindernis für das Zusammenwachsen der Elbe/Oder Region“, betonte Aster. Die Verlagerung von Verkehren auf das Binnenschiff führt zu einer Entlastung der Autobahntrassen und Bahnschienen, darum appelliert Aster für mehr Werbung für den Einsatz von Binnenschiffen auf der Elbe in der Logistikkette.

Hergen Hanke, Geschäftsführer der Börde Container Feeder GmbH forderte in seinem Vortrag eine Gleichbehandlung der Verkehrsträger in den Seehäfen, zum Beispiel in Hinblick auf eine faire Kostenbehandlung bei den Terminal Handling Charges (THC).

Auch die Firma Siemens bekennt sich für den Transport von Projektladungen deutlich zur Elbe und zur Binnenschifffahrt. „Wir als Verlader brauchen die Elbe“, betonte Carsten Berger, Director Sector Logistics von Siemens. 2010 verschiffte das Unternehmen sektorübergreifend rund 150 Projektladungen mit dem Binnenschiff für den Überseetransport nach Hamburg. „Um nicht von Wassertiefen, eisfreien Fahrrinnen oder funktionierenden Schleusen abhängig zu sein, haben wir in Hamburg ein Winterlager aufgeschlagen“, so Berger. „Im Containerbereich haben wir für unsere Ladungen bisher noch kein konkurrenzfähiges Angebot für den Transport auf der Wasserstraße erhalten“.

Dass die Binnenschifffahrt auch unter bestehenden Rahmenbedingungen großes Ladungspotenzial für Containertransporte auf der Elbe hat, verdeutlicht eine Analyse der HPA und des Hafen Hamburg Marketing e.V. In sechs Regionen, die an Binnenwasserstraßen angeschlossen sind, wurden Häfen und die verladende Wirtschaft zu den Erwartungen für Ihre Unternehmen befragt. „Das Ergebnis der Untersuchung zeigt ein Ladungspotenzial von 270.000 TEU für das Jahr 2020, ohne wesentliche Änderungen in der Verkehrsinfrastruktur vorzunehmen“, resümierte Sebastian Doderer, Leiter Projektentwicklung bei Hafen Hamburg Marketing.

 

Dr. Werner Knoll, Leiter Marketing & Research der Deutschen Binnenreederei ergänzte, dass die Deutsche Binnenreederei mit ihrem vorhandenen Equipment in der Lage wäre, das Transportvolumen auf den Binnenwasserstraßen zu verdoppeln, wenn die Nachfrage vorhanden wäre.

 

Im Anschluss an die Vorträge führten die Teilnehmer die lebhaften Diskussionen auf einer Hafenrundfahrt weiter. Die Vielzahl von Binnenschiffsbewegungen auf der Elbe verdeutlichte nochmals das Potenzial dieses Verkehrsträgers. Der fachliche Meinungsaustausch soll auch in Zukunft fortgesetzt werden.

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